Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum – 205.076 neue Tannenbäume für Neuseeland
Wie sagt man so schön: „Bau ein Haus, pflanze einen Baum,...“ – gesagt, getan!
Lass mal Bäume pflanzen gehen. Lass mal was Gutes für die Welt tun.
Man, was hatten wir denn da schon wieder für ne beschissene Idee?

205.076 GEPFLANZTE BÄUME
Unser Lebenslauf verzeichnet heute, Ende Mai 2019, neben einer starken akademischen Laufbahn und imposanter Positionen in Konzernen und Start Ups, nun auch eine sechswöchige Arbeit als Saisonarbeiter in einer 110 Hektar großen Pine Tree Nursery – zu Deutsch eine Baumschule für Monterey Kieferbäume. Genau genommen handelt es sich hierbei um den Pinus Radiata und somit einer vom Aussterben bedrohten Gattung der Kiefer. Um so besser, dass das vierzig köpfige Pinus Radiata Team 2019 innerhalb von sechs Wochen sagenhafte vier Millionen neue Bäume gepflanzt hat. Davon haben wir beide insgesamt 205.076 Bäume gepflanzt, quasi 5% vom diesjährigen Gesamtertrag.
Wenn wir uns die Zahl genau ansehen, lassen sich sowohl die neu angeeigneten Rückenschmerzen, als auch die chronisch gewordenen Knieprobleme, endlich besser verstehen. Neben der physischen Nebenwirkungen, soll Gartenarbeit und jegliche Arbeit im Grünen beruhigende Wirkungen haben, Depressionen lindern und zufriedener und glücklicher machen. Bis zu einem gewissen Schwellenwert mag das sicherlich stimmen, ob das bei sechs Wochen mit a 8 Stunden pro Tag noch zutrifft, wagen wir zu bezweifeln.
1.000 BÄUME BRINGEN $39
Jeden Tag, nachdem wir uns mühselig aus dem warmen Bett gequält haben, schmeißen wir uns in unsere sexy Uniform, bestehend aus Regenhose, Regenjacke, gelben Gummihandschuhen, Gummistiefeln und Gartenschere. Voll ausgestattet und sexy wie immer, verbringen wir die ersten vier Stunden eines jeden Tages damit, kleine Ästchen von im Durchschnitt hüfthohen Büschen abzuschneiden. Wie man sich vielleicht vorstellen kann, sind besagte hüfthohe Büsche auf Grund ihrer Größe entsprechend für bereits genannte Rückenschmerzen verantwortlich – je kleiner der Busch, desto größer der Schmerz. Danke dafür. Die kleinen Ästchen sammeln wir dann in diversen kleinen Boxen, die wir vor uns herschieben und, wenn voll, mit unserem jeweiligen Namen kennzeichnen und zum Truck bringen.
In den ersten vier Stunden arbeiten wir zudem auf Zeit, denn nur was wir schneiden, können wir auch pflanzen und nur was wir pflanzen, bringt am Ende der Woche auch Geld. 1.000 Bäume bringen $39,00; im Durchschnitt schaffen wir es in vier Stunden 4000 bis 5000 Bäume zu schneiden – etwas weniger, wenn wir gar keinen Bock haben, etwas mehr nur ganz selten, wenn wir mal so richtig motiviert sind und die Sonne scheint. Wir dürfen natürlich nicht einfach irgendwie irgendwas schneiden wie wir lustig sind. Die kleinen Ästchen dürfen nicht zu dünn, nicht zu klein und nicht zu groß sein, sie dürfen nicht zwei oder viergeteilt sein – das ist nur okay, wenn sie einen mittleren Stamm haben. Die Ästchen dürfen zu dem nicht schief abgeschnitten werden, sonst schlagen sie nur auf einer Seite Wurzeln und sie müssen von unten an ganz lange Nadeln haben – warum? Keine Ahnung. Es dauert ein paar Tage bis wir den Dreh raus haben, bis dahin kommen Tony und Luke, unsere beiden Supervisor, regelmäßig zu uns und prüfen unsere Kisten, ermahnen uns und lassen uns gelegentlich auch eine ganze Box durch sortieren, wenn sie gar keinen Bock mehr auf die Scheiße haben, die wir da geschnitten haben. Danke dafür. Ansonsten sind Tony und Luke meistens ganz nett zu uns, ab und wann lächeln sie sogar mal. Tony ist gebürtiger Hawaiianer, eher weniger gesprächig und zudem akustisch auch wirklich schwer zu verstehe, wenn Mann mal wieder in seinen nicht vorhandenen Bart nuschelt. Luke ist etwas jünger als Tony, hat bereits seine zweite Rücken OP hinter sich – das ist fast nichts, der Chef hatte schon 9; jedes Jahr eine in den vergangenen Jahren. Mensch, das ist doch erstrebenswert.

Gegen 12, manchmal auch erst gegen 12:30Uhr, ist der schlimmste Teil des Tages endlich überstanden. Alle Boxen werden eingesammelt, wir auch – alle quetschen sich in einen Van, um vom Schneideort zum Pausenraum gefahren zu werden, zum laufen ist es zu weit – es ist Zeit zur Mittagspause, circa 30 Minuten beginnen: Tee trinken, Couscous Salat runterschlingen, vielleicht noch eine Hand voll Nüsse. Ortswechsel – jetzt geht’s zum pflanzen. Unsere Supervisor und der Boss haben freundlicherweise bereits die Kisten vorsortiert. Jetzt muss jeder seine am Vormittag geschnittenen Ästchen in die Erde bringen. Wer viel geschnitten hat, sitzt entsprechend auch lange beim pflanzen. Wir haben nie am meisten geschnitten, sitzen aber dennoch immer bis zum Schluss da – wahrscheinlich pflanzen wir einfach zu langsam, vielleicht haben wir als Paar in unserer Kombination aber auch einfach doch eine riesige Menge an Bäumen zu pflanzen. Gott sei Dank sind die Löcher vorgestanzt, so muss der Baum nur noch ins Loch gesteckt und das Loch zugedrückt werden – am besten geht’s, wenn der Boden nass ist, trockener Boden ist die Hölle. Nasser Boden ist in diesem Fall wirklich am dankbarsten, vor allem dann, wenn es wie aus Kübeln vom Himmel runter regnet, dann geht der Baum besonders gut ins Loch – bedeutet aber auch zeitgleich, dass wir mitten drin sitzen. Die Regenkleidung hält dicht, manchmal läuft der Regen in den Gummistiefel – schön ist anders. Schön ist es auch nicht, mit den Knien im Matsch zu sitzen; am schlimmsten ist es aber, wenn der Wind kommt und uns den Regen ins Gesicht peitscht. Wettertechnisch hatten wir sowohl beim schneiden als auch beim pflanzen wirklich alles. Pralle Sonne die uns bräunt und einen leichten herbstlichen Sonnenbrand bringt, leichter bis starker Regen kombiniert mit stürmischen Wind, Frost am Morgen, der unsere Füße durch die billigen $20 Gummistiefel und drei paar Socken gefrieren lässt und die Hände trotz Woll- und Gummihandschuhe bewegungsunfähig macht – „Wir arbeiten bei jedem Wetter“ stand in der Jobanzeige, das war nicht gelogen.
Wenn wir am Nachmittag mit dem Pflanzen fertig sind, haben wir es geschafft und dürfen nach Hause gehen. Der Chef misst noch unsere gepflanzten Meter, aus dem sich unsere finale Baumzahl des Tages und somit unser Tagesgehalt ergibt – das können wir dann am nächsten Tag auf einer Liste ablesen. Ein Meter hat 104 Bäume. 10 Meter haben also etwas mehr als 1000 Bäume, die sind also etwas mehr als $39 wert. Manchmal freut man sich über seine gemachten Meter, manchmal ist man frustriert, manchmal verwundert. An manchen Tagen steigern wir uns richtig rein – alles oder nichts, wir schneiden und pflanzen um unser Leben, nehmen die Sache richtig ernst und erhoffen uns eine Beförderung – zu was auch immer; einen Tag später ist uns dann wieder alles egal, hoffentlich ist es bald vorbei. Wir versuchen zu verhandeln, bieten unsere Arbeitskraft alternativ im Büro, als Babysitter und als Basketballtrainerin für die Kinder an – erfolgslos.
Sechs Wochen später ist es dann aber auch tatsächlich vorbei – es endet ein paar Tage eher als gedacht. Eine ordentliche Grippe rettet uns vor den letzten Tagen mit Rückenschmerzen und Knieproblemen. Der Frost am morgen und die daraus resultierenden kalten Füße rächen sich und verbannen zunächst eine von uns, dann uns beide ins Bett. Der Körper sagt es reicht und damit hat er mal wieder Recht!
Wir hören auf unsere Körper und verzichten auf die letzten drei Tage Bäume pflanzen – ein bisschen wehmütig über das abrupte Ende dieser Ära sind wir schon – man soll gehen wenn’s am schönsten ist oder einfach dann, wenn’s eben reicht. Wir buchen uns für zwei Nächte ein Hotelzimmer, um richtig gesund zu werden, nicht im kalten auf’s Klo und unter die Dusche gehen zu müssen und um ohne Zwiebellook schlafen zu können. Die Nächte im warmen und ein Kinobesuch tun gut – der Seele und dem Körper.
Beim gemeinsames Teambarbecue am letzten Abend der Saison, erhalten wir leider weder den Preis für die schönsten Bäume, die meisten Bäume, die beste Pflanztechnik oder gar für die größte Verbesserung – komisch eigentlich.
Naja, vielleicht nächstes Jahr! - Hahahaha!
ASIATEN UND ANDERE KOLLEGEN

Diversität und eine Vielfalt an Kulturen wurde in der Rangiora Nursery ganz besonders groß geschrieben und so arbeiten wir mit den unterschiedlichsten Menschen zusammen – Deutschland, Frankreich, Tschechien und der gesamte asiatische Sektor. Während sich die Kulturen Vielfalt in den Anfangswochen noch in der Waage hält und gleichermaßen viele Mitglieder jedes Landes vertreten waren, übernehmen zur Halbzeit die Asiaten ganz klar die Überhand und so auch den gesamten Sitzbereich im Pausenraum. China, Vietnam, Singapur, Malaysia – wir sind umgeben von Reis, Stäbchen und fehlenden Tischmanieren. Während die Asiaten einen grandiosen Job machen und vor Allem in der Gruppe beim Pinus Radiata pflanzen zur Höchstleistung kommen, scheinen Tischmanieren und die Nahrungszerkleinerung in geschlossener Futterluke nicht zu ihren Stärken zu gehören. Zudem, so erfahren wir, erlernen Asiaten wohl bereits im Kindesalter, den Knochen eines Hähnchenflügels gekonnt im offenen Mund zu balancieren, ganz ohne den Einsatz ihrer Hände – der Ersatz des Schnullers durch eine Hähnchenkeule im Kindesalters spart zwar an dieser Stelle die Produktion von mehr und mehr Plastik, ist aber aus europäischer Sicht gerade im Erwachsenenalter schlicht und einfach ekelhaft. Und außerdem tragen Asiaten das Vorurteil, dass wir Deutschen anscheinend nur Brot essen.
Wir zwei Deutschen Brotesser freunden uns natürlich mit den anderen drei Deutschen an; Anne, Josephine und Michael – deutscher wird’s nicht. Anne kommt aus Ostfriesland und hat sich hier in Neuseeland gerade von ihrem Freund getrennt; wir leisten emotionale Aufbauarbeit und haben eine echt gute Zeit zusammen, bis sie vor Knieschmerzen vorzeitig die weiße Flagge hisst und sich aus dem Staub macht. Josi und Micha kommen wie wir aus Berlin und gemeinsame Bekannte haben wir auch. Zwischen uns finden vor Allem viele tiefgründige Gespräche zum Thema Religion und Familie statt sowie die übliche Debatte „Berlin lieben oder hassen“. Die beiden sind bereits seit über zwei Jahren unterwegs, kommen gerade aus Australien und setzten aktuell ihre Reise in Neuseeland fort. Nach Hause wollen sie eigentlich gar nicht mehr und dass das Micha’s Familie, als bekennende Johanniterchristen, eher weniger erfreut, haben wir während des Pflanzens oft und ausgiebig besprochen.

Auch zu unseren zwei Amerikanern Nat(alie) und Joe bauen wir eine tiefe Verbindung auf. Nat kommt aus Wisconsin und reist schon seit einer gefühlten Ewigkeit durch die Welt, Joe kommt aus Texas, ist halber Mexikaner und hat sich nicht nur in sie, sondern auch ins Reisen verliebt, als sich die beiden damals in Kalifornien kennenlernten. Arbeiten mit Kindern in fernen Ländern, Farmarbeit und Tauchkurse, die beiden nehmen alles mit und stellen eine große Ausnahme zur amerikanischen Regel dar, denn wir reden über Politik, Sex und Religion, was den Amerikanern sonst nicht so liegt. Ihre Wege trennen sich im Juni für eine gewisse Zeit – Nat geht nach Thailand und Joe nach Indien – hoffentlich sehen wir uns alle irgendwann wieder.

In die Freundeskreise der Franzosen und Tschechen kommen wir nicht rein; ab und wann führen wir mal ein paar Gespräche, aber beide Gruppen bleiben lieber homogen und ihrer Landessprache treu. Sowohl die Franzosen als auch die Tschechen arbeiten hart und wissen sich vor Allem beim Team Barbecue zu präsentieren. So kippen sie sich mit dem Chef ordentlich eine hinter die Binde, um am nächsten Morgen, ganz zum Missfallen seiner Ehefrau und Töchter, in seinem Wohnzimmer zu erwachen. Auch die beiden Briten, Alex und Sophie sind Mitten drin wie es sich für Briten eben gehört. An dieser Stelle sind wir froh, mal wieder einfach spießig deutsch zu sein.
RIVERLAND FUCKING CAMP GROUND
Den größten Teil unserer sechs Wochen verbringen wir auf dem Riverland CampGround in Kaiapoi, zehn Minuten entfernt von unserem Job. Während wir anfangs noch super euphorisch über diesen Camp Ground, seine heiße Dusche, seinen Gemeinschaftsraum mit Fernseher und großer Küche waren, empfinden wir mittlerweile eine ausgeprägte Abneigung ihm gegenüber – könnte es sogar Hass sein? Es reicht, wir müssen hier ganz dringend weg.
An so manchen Tagen hat uns unser Camp Ground allerdings auch wirklich gute Momente beschert. Nach der Arbeit hatten wir hier jeden Tag eine heiße Dusche; vor allem an den Regentagen, an denen wir durchgefroren und zitternd „nach Hause“ kamen, waren wir für die heiße Dusche ohne Zeitbegrenzung wirklich dankbar. Wir haben viel gekocht, haben einmal sogar Lasagne gemacht, was im Leben eines Backpackers eigentlich nicht gegeben ist. Am Abend konnten wir immer am Tisch im leicht gewärmten Wohnzimmer essen, dazu gab es eine Runde Trash TV: Love it or List it, The Chaser, Millionnaire’s Hot Seat, Australia’s Bachelor in Paradise. Manchmal konnten wir uns hier sogar auf die Couch legen und richtig entspannen, zudem hatten wir dauerhaft Strom, um unsere Technik zu laden. Ab und wann haben wir hier auch ein paar nette Leute kennen gelernt, mit denen wir etwas Small Talk halten konnten; ein paar komische Typen lernt man natürlich auch immer auf solchen Campingplätzen kennen, das steht außer Frage. Die, die sich Schriftsteller nennen sind die seltsamsten unter allen – sie stellen komische Fragen, viel zu viele Fragen; schreibst du gerade über uns oder interessiert es dich wirklich?
Die Campingplatz Besitzer sind ganz nett, einen Rabatt wollen sie uns aber weder auf Grund unserer langen Aufenthaltsdauer noch aus Mitleid geben – an drei Nächten checken wir so spät ein, dass das Büro bereits geschlossen ist und wir leider nicht zahlen können. Danke für den Rabatt, ihr kleinen Arschgesichter.
WELTKLASSE MENSCHEN UND TRAIL-ANGEL IN NORTH CANTERBURY
Wir nennen sie Trailangel, das sind Menschen denen wir hier begegnen und die uns das Leben erleichtern und uns, obwohl wir einander total fremd sind, beschützen, retten und uns helfen wollen. Ohne sie wären wir auf dieser Reise zwar vielleicht nicht aufgeschmissen, aber sie bereichern uns maßgeblich – nicht im monetären Sinne, sondern viel mehr im Wesen; Trailangel geben uns vor Allem den Glauben in das Gute im Menschen zurück – Neuseeländer und Reisende haben davon besonders viel.
Nursery Familie. Unsere liebe neuseeländische Familie gehört da ganz besonders zu. Sie haben uns nicht nur mit einem regelmäßigen Einkommen beglückt, sondern standen uns stets zur Seite: So bekamen wir Tipps für schöne Orte in der Umgebung, sie gaben uns Pannenhilfe und Reifenwechsel, Adressen für Ärzte und kleine medizinische Genesungspakete und ab und wann einen Sitzplatz an einem reich gedeckten Essenstisch. Mittlerweile kennen wir die gesamte Familie, die das 110 Hektar große Pine Tree Imperium leitet und zählen uns fast schon als Teil dieser. Die Familie ist, ganz im Gegensatz zur Arbeit, total angenehm, liebevoll, witzig und offen. Da ist Richard, liebevoll Richy Rich genannt, unser Chef, der auf Grund eines betrunkenen Unfalls seit neustem eine schicke Narbe im Gesicht trägt – Fluch der Karibik Teil 10 kann kommen. Richard hat einen total coole Frau. Kim trinkt nur Bourbon; Wein und Sekt mag sie nicht, Bier ist okay. Kim sieht locker zehn Jahre jünger aus als sie ist, kann ordentlich Sprüche klopfen, hat zwei Töchter und würde niemals Bäume pflanzen. Dann ist da Chelsie, Richards jüngere Schwester – sie kümmert sich um alle Personalangelegenheiten der Nursery und ist die gute Seele des Vereins. Chelsie ist wie sich rausstellt, eher kein Adrenalinjunkie, backt aber exzellente ANZAC Cookies. Sie ist mit Nick verheiratet, den sie 1999 in Frankreich bei einem Job auf einer Jacht kennengelernt hat. Nick ist eigentlich aus Südafrika, will aber auf gar keinen Fall wieder zurück. Er schießt alles was ihm in die Quere kommt, Hasen, Enten, ihm entgeht nix. Gemeinsam haben sie drei Jungs, die wirklich super süß und super frech sind – wir sind schockverliebt. Auch Nick würde niemals Bäume pflanzen, versucht jetzt aber mit # lawnporn Erfolg auf Instagram zu erlangen. Achso und Nick trägt eher ungern Unterwäsche, zumindest hat das für ihn um 1999 nie groß Sinn ergeben. Und dann sind da natürlich noch die Eltern von Richard und Chelsie, Derek und Cece. Derek ist der Chef der Pine Trees und ohne ihn würde, so Richard, in der Nursery gar nichts laufen. Derek geht gerne fischen und hat vor vielen Jahren mal illegal mit seiner Frau in Kanada gearbeitet. Cece heisst eigentlich nicht Cece, sondern Margaretta, aber die Enkelkinder nennen sie alle Cece und wir jetzt auch. Cece ist wirklich eine ganz großartige Frau: belesen, witzig, charmant, humorvoll, interessiert und extrem gut im Umgang mit der Prosecco Flasche. Wir verbringen viele schöne Momente mit der gesamten Familie – angefangen mit einem wunderbaren Osterwochenende am wundervollen Lake Alexandrina, über herrliche Momente auf der Nursery, Abende bei Chelsie und Nick, bis hin zu Chelsie’s Geburtstagsfeier, zu der wir eingeladen wurden, ohne zu wissen, dass es eine Geburtstagsparty geschweige denn eine Geburtstagsparty im engsten Kreise der Familie war. Wir sind richtig angekommen und fühlen uns vor Allem im Kreise der Familie richtig wohl.
Kylie aus Christchurch. Während wir gerade mitten in unserer Harz IV Woche lebten (anders auch Resteessen und Geld sparen genannt), haben wir uns nach Buchung unserer nächsten Flugroute, zur Feier des Tages im Little High zum Essen eingeladen. Ausgehungert wie wir zu diesem Zeitpunkt waren, bestellten wir in unserem Lieblings Foodcourt in Christchurch jeder zwei Gerichte und setzten uns an einen Tisch mit zwei anderen Damen. Kylie und ihre Freundin waren direkt erstaunt von unserem exorbitanten Appetit und so kamen wir ins Gespräch. Kylie wurde kurzerhand zu unserem neuen Trailangel, stattet uns noch am Abend mit einer dicken Decken und neuen Kissen aus, empfiehlt uns eine vertrauenswürdige Werkstatt für den neuseeländischen TÜV und besorgt und für unsere letzten zwei Wochen im Land eine Unterkunft in Christchurch für umsonst. Lediglich die Decke mussten wir sehr zeitnah ausrangieren, da sie voller Katzenhaar war und direkt zu Atemnot im Van geführt hat. Ach Kylie, was wären wir ohne dich.
Der Automechaniker. Nachdem wir bei der ersten TÜV Prüfung durchgefallen sind und die Erstdiagnose von Dan bei Nathan’s Services keine positiven Worte und Gesichtszüge verlocken lässt und wir den Tränen nahe sind und der Abbruch der Reise auf Grund von unerwarteten Kosten nahe liegt, treffen wir auf unsere nächsten zwei Trailangel. Wayne und sein liebesbedürftiger Hund hören die Diagnose mit und bieten uns, falls die Reparatur länger dauern sollte, einen (glücklicherweise im Nachgang nicht benötigten) Schlafplatz und Fahrservice an. Im Anschluss fahren wir zu einer Werkstatt, um die vom TÜV angemerkten Mängel zu beseitigen – innerhalb von drei Stunden sind alle drei Mängel beseitigt, wir „nur“ $400 ärmer, Georgie mit einer funktionierenden Bremse ausgestattet und die Jungs von der Werkstatt zu unseren absoluten Trailangeln und Reiserettern ernannt. Die TÜV Plakette kleben sie uns auch direkt auf, Georgie ist so gut wie neu und uns fällt ein riesiger Stein vom Herzen. Am liebsten würden wir ihn direkt nach Kanada überschiffen lassen.
Micha und Josi. Auch Micha und Josi gehören zu unseren Trailangeln, denn sie haben uns nicht nur geholfen einen Reifen grandios und höchst professionell zu flicken und zu wechseln, sondern haben Tini auch morgens zur Arbeit abgeholt und Abends wieder zurück gebracht, als Sissy mit Fieber und anderen bösen Grippesymptomen im Van lag.
Der Fremde vom LiquorLand. Und dann war da noch der Fremde vom LiquorLand auf dem Highway 1, der uns, nachdem uns bei voller Fahrt und fast 100km/h der Reifen Dank etwas scharfkantigem auf der Straße geplatzt ist, ganz unaufgefordert versucht hat zu helfen und bereits anfing unseren Reservereifen unter unserem Van hervor zu holen, während uns noch nicht mal bewusst war, dass dies nicht der Herr vom Pannenservice ist, sondern einfach ein ganz wunderbarer hilfsbereiter Mensch.
Bruce Lee. Und dann ist da noch Bruce Lee. Eigentlich heißt er nicht Lee, sondern Liu und eigentlich heißt er auch nicht Bruce, sondern hat irgendeinen asiatischen Namen –