Hola Guatemala - von Mayas und Lava
Wir beginnen Etappe 4: Zentralamerika. Hola de Guatemala!
KULTURSCHOCK GUATEMALA CITY
Vom JFK fliegen wir über México City nach Guatemala City – von hier müssen wir innerhalb der nächsten zwanzig Stunden nach Flores kommen, genau genommen nach Santa Elena, wo wir bei einem Deutschen wohnen werden. Für eine private Unterkunft mit einem eigenen Bad mitten im Dschungel arbeiten wir am Tag ein paar Stunden als Video- / Photographen und Übersetzer.
Angekommen am Flughafen in Guatemala City immigrieren wir problemlos ins Land und holen unsere Backpacks vom Kofferband – das in der Seitentasche verstaute Pfefferspray explodiert unterdessen und eine langanhaltende Hustenattacke folgt. Das war’s dann auch mit der Selbstverteidigung. Vom Flughafen nehmen wir für umgerechnet $10 ein Taxi nach Guatemala City zur Busstation des Unternehmens Maya de Ora. Die Fahrt dauert nicht all zu lang – bei dem Fahrstil der Guatemalteken, an den wir uns wohl nie gewöhnen werden, sind wir froh, dass wir gegen 10:30 Uhr lebendig ankommen. Angekommen bei der Busstation, müssen wir leider feststellen, dass wir den Bus nach Flores um eine Stunde verpasst haben und der nächste erst am Abend gegen 20 Uhr fährt. Also machen wir uns zu Fuß mit je 25 Kilo auf dem Rücken und 8 Kilo vor der Brust auf den Weg zu einem anderen Busunternehmen – FDN Fuerte Del Norte. Wir haben eine grobe Wegbeschreibung bekommen – mit unserem teilweise eingerosteten bis fast gar nicht vorhandenen Spanischkenntnissen kommen wir nur schleppend voran und unsere amerikanische Simkarte funktioniert hier leider gar nicht: Das Internet hilft uns also auch nicht weiter. Dennoch finden wir die Busstation und buchen uns einen Bus für 14Uhr nach Flores. Als nächstes wollen wir eine Handykarte mit Internet und Telefonguthaben kaufen, damit wir ein wenig navigieren und kommunizieren können. Wir machen uns also erneut mit unseren 25 und 8kg auf den Weg und werden auf Nachfrage nach einem Handyladen mit den Worten „Be careful“ (zu deutsch: „seit vorsichtig“) in eine Richtung geschickt, als uns wenige Meter später eine Frau abfängt: „Diese Gegend ist sehr gefährlich – ihr solltet nicht in die Richtung gehen. Ich bringe euch hier weg.“ – Wochen später erfahren wir, dass wir uns nicht nur in einer der gefährlichsten Zonen Guatemala’s befanden, sondern sich hier vorallem zwei Banden bekriegen. Wieder angekommen im Wartesaal unseres Busunternehmens, haben wir leider immer noch keine Simkarte für unser Handy. Tini bleibt an dieser Stelle also mit unseren schweren Rucksäcken im Warteraum sitzen, während Sissy sich alleine in Guatemala City auf die Suche nach dieser verdammten Handykarte macht (diese hätte es im übrigen auch absolut problemlos direkt am Flughafen gegeben). Alleine macht sie sich also auf den Weg die Straße runter und findet tatsächlich zwei Blöcke weiter einen Handyladen – ein Handyladen im Sinne von ein leerer Raum mit einem kleinen Tresen und einem Plakat: 1.8 GB – 7 días. Das bitte – einmal. Muchas gracias. Mit Händen und Füßen entwickelt sich langsam ein Verkaufsgespräch und nach Installation und Bezahlung, kann sich Sissy endlich wieder auf den Rückweg machen. Sie hält noch kurz bei einer Art „Späti“ an – da steht eine Gallone Wasser! Ob die noch ungeöffnete Gallone tatsächlich zum Verkauf stand oder eigentlich dem Verkäufer gehörte und ob er sie für viel zu viel Geld verkauft hat, ist egal – wir brauchen Wasser. Mit funktionierendem Handy und Gallone kommt Sissy zurück zum Warteraum und findet eine Tini vor, die bei ihrem Anblick vor Erleichterung, Freude und abfallender Panik in Tränen ausbricht – sie hat sich schon das schlimmste ausgemalt. Wieder vereint warten wir noch ein paar Stunden auf den Bus und nehmen dann in unseren Komfort-Sitzen für eine 11-stündige Busfahrt nach Flores platz.
Im Bus finden wir partiell etwas Ruhe – wir schlafen zwischendurch, schauen Serien und versuchen uns mit Händen und Füßen mit unserer Sitznachbarin zu unterhalten – ab und wann geht die Tür auf - das Öffnen der Türen macht uns immer leicht panisch – zu oft haben wir schon von Überfällen auf Busse gehört, bei denen man alle seine Wertsachen herausgeben muss. Zwar haben wir ein paar unserer Wertsachen gut versteckt und „unsichtbar“ gemacht – dennoch – die Panik bleibt. Ein paar Leute steigen aus, andere steigen ein. Zwischendurch öffnet sich die Tür und ein lautes Geschrei in hohen weiblichen Stimmen schallt durch den Bus: „Banans, Mangos, Enchiladas. – Bananas, Mangos, Enchiladas.“ – „No, gracias. Tengo absolutely keinen Hunger, weil viel zu nervosa.“ – ansonsten bleibt es friedlich und gegen Mitternacht erreichen wir unversehrt die Busstation in Santa Elena, wo wir direkt von einem Taxifahrer eingesammelt werden und zu unserem Hostel „Cafe Yaxha“ auf der Isla de Flores gebracht werden. Auf Grund unserer späten Ankunft hat uns unser Gastgeber hier für eine Nacht eingebucht. Auf absolute Vorfreude auf eine Dusche und gemeinsames Einkuscheln, folgt leichte Enttäuschung als wir zu „unserem“ Zimmer geleitet werden – im 9-Bett Zimmer, in dem schon drei Jungs schlafen, stellen wir unsere Backpacks ab und legen uns nach dem Zähneputzen, einer Katzenwäsche und der ersten Begegnung mit einer Kakerlake völlig erschöpft und total fertig von diesem Horrortag in getrennte Betten. Als wir am nächsten morgen etwas erholter aufwachen, sind die Jungs bereits weg und wir können nochmal eine Runde zusammen kuscheln, bevor es endlich unter die Dusche und dann ans Tageslicht geht.
ISLA DE FLORES & DIETER
Nach einem schockierenden Kulturschock in Guatemala City folgt absolute Begeisterung – Guatemala und vor allem die Isla de Flores zeigt sich von einer ganz anderen Seite. Wir blicken auf einen wunderbaren See, der die Insel umringt, Palmen stehen am Straßenrand und kleine Gassen bilden das Zentrum des Geschehens. Wir gehen in einem kleinen Hängematten behangenen Café mit Blick auf das Wasser Frühstücken - das Cool Beans, welches ab jetzt unser Stammcafé werden soll.

Dann werden wir von Eva, einer lieben kleinen Guatemaltekin abgeholt – Eva ist Dieters Frau, Hobbybasketballspielerin und ungefähr in unserem Alter. Dieter ist um die fünfzig, deutsch, Architekt und restaurierte schon diverse Mayastätten. Bei Dieter und Eva werden wir für die kommenden zehn Tage wohnen und für ihn ein paar Fotos von seinem Gästehaus, und seiner Skybar machen – zudem werden wir für ihn sein Buch über Tikal – die größte Mayastätte der Welt – vom Englischen ins Deutsche übersetzten.
Bei Dieter haben wir ein eigenes Zimmer und ein eigenen Bad in seinem Gästehaus mit ganz eigener Küche – sonst sind keine Gäste da, nur die drei Hunde Marshall, Vagabond und Maite. Und so pendeln wir Tag ein Tag aus mit dem TukTuk zwischen unserem Gästehaus in Santa Elena und der Isla der Flores hin und her. Frühstück gibt es entweder zu Hause oder im Cool Beans, wo wir gutes W-Lan haben und für Dieter Arbeit am Laptop verrichten können.
Guatemala und vor Allem die Isla de Flores entpuppt sich neben unserem kleinen Kulturschock in Guatemala City als kleine Perle – die Guatemalteken sind ein unwahrscheinlich liebevolles Volk und nach einer Weile gewöhnen wir uns auch an das mit Maschinengewehren bewaffnete Sicherheitspersonalen vor den Einkaufszentren.
Zum Abend hin treffen wir uns dann meist mit Dieter und Eva in seiner Skybar, wo wir zu Abend essen und die ein oder anderen Cervezas und Margarithas verzehren – ohla Guatemala. Mit den Worten „Man hat die Maus tolle Augen“ lernen wir am ersten Abend dann auch direkt den haarlosen Andreas kennen – liebevoll Andrés oder von Tini nach zwei Bier auch gerne Thomas genannt. Andrés ist deutsch, führt in Kapstadt ein Hotel und ist gerade auf einer einjährigen Weltreise. Als guter Freund von Dieter verbringen wir hier einige Tage mit ihm.
DIE MAYA: YAXHA & TIKAL
Es wird Zeit für ein bisschen Kultur und Geschichte – es wird Zeit für Biene Maya und die Imker. Wir machen mit Dieter, Eva, Andrés und Rául einen Ausflug zu unserer ersten Mayastätte: Yaxha! Yaxha ist eine mesoamerikanische archäologische Stätte im Nordosten des Petén Beckens und ein ehemaliges zeremonielles Zentrum und eine Stadt der präkolumbischen Mayazivilisation.
Hier geben uns Dieter, der schon seit 1997 in Guatemala lebt, und Rául, gebürtiger Guatemalteke, eine exzellente private Führung durch die Stätte – beide haben bei den Ausgrabungen und Restaurationsarbeiten als zweite Architekten mitgewirkt und kennen sich nicht nur exzellent in der Stätte aus, sondern erzählen uns auch viel über die Mayakultur und wie die Menschen früher gelebt haben. Und so wandern wir durch eine Art hügeligen Teutoburgerwald und bekommen erzählt, dass sich unter den Hügeln doch tatsächlich Gebäude befinden, die es noch auszugraben gibt – uns werden Türen und Abwasserkanäle gezeigt, Bolzplätze und Leitplanken – hier bedarf es einer guten Vorstellungskraft. Wir bahnen uns unseren Weg zu den bereits ausgegrabenen und größtenteils restaurierten Stätten, finden Fledermäuse, die hier ein Zuhause gefunden haben und verzehren hoch oben auf einem Tempel eine Torte: Andrés hat heute Geburtstag. Wir sind umgeben von Affengebrüll, die sich unmittelbar vor unseren Augen von Ast zu Ast schwingen – wir sind im Dschungel – in einem echten Dschungel und sitzen auf einem Mayatempel; von hoch oben blicken wir auf einen See, in dem Krokodile auf Captain Hook lauern. Hoch oben auf dem Mayatempel gibt es für Geburtstagskind Andrés ne fette Sahnetorte – Mayastätte, Sahnetorte und Brüllaffen – so in der Kombination haben wir das tatsächlich nicht erwartet. Im Anschluss feiern wir noch Andrès Geburtstag in der Skybar weiter – dazu sein Lieblingsgetränk von den Philippinen – 1 Liter Gin, 1 Liter Bier, 1 Liter Sprite, 1 Liter Ananassaft – im Nu ist er betrunken, entledigt sich seines Mageninhaltes noch während des Hauptganges und nachdem wir vor der Haustür noch auf eine Tarantula treffen, fallen wir gegen 22 Uhr alle ins Bett und schlafen friedlich.
Wenige Tage später machen wir uns dann alleine auf zu unserer zweiten Mayastätte: Tikal. Am Vorabend gab es Mayaunterricht bei Dieter: Mit 6.372 registrierten Stätten, ist die Mayakultur die größte Kultur dieser Welt und Tikal mit über 3.000 Strukturen die größte Mayastätte der Welt und die größte Stätte Lateinamerikas. Wir lernen viel über den Mayakalender, über die Orientierung der Tempeleingänge nach der Sonne und was das ganze mit dem Heiligtum Zentralamerikas zu tun hat: dem Maistortilla.

Der rappelvolle Bus fährt um 8.00 Uhr ab – einige Deutsche (inklusive Kilian, der sich während des Ausflugs in eine kleine Israeli verliebt), Schweden, Kanadier, Rumänen, Mexikaner und Dänen – jung und alt sind dabei. Auf dem Mittelsitz geht es größtenteils ohne Anschnallgurt im Formel 1 Tempo zur Stätte. Hier angekommen, führt uns Luis, der schon bei der Serie „Survivor“ die Ausgesetzten im Dschungel betreut hat, durch die Mayastätte. Er erzählt uns noch mehr zu den Bauten und der Kultur, zeigt uns Brüllaffen, Nasenbären, Buschratten, einen Fuchs, viele Blattschneiderameisen, Kolibris und Taranteln – willkommen zurück im Dschungel. Die Mayastätte ist gigantisch – es ist beeindruckend was hier vor vielen Jahrhunderten von Menschenhand erbaut wurde und wie die Menschen hier einsz in ihren Tempeln voller Farbenbracht gelebt haben und sich und ihr Leben, ihre Bauten und Ernte nach der Sonne ausgerichtet haben.
REISENDE
In Flores treffen wir mal wieder auf viele andere tolle Reisende, die unsere Zeit hier in Guatemala besonders schön machen:
Allen voran natürlich Eva und Dieter, bei denen wir wohnen und die uns einen so tollen Einblick von Seiten eines Einheimischen in Guatemala geschenkt haben – mit Eva gehen wir am letzten Abend im übrigen mit den Einheimischen Basketball spielen und stellen fest – irgendwie ist hier alles ganz anders und dennoch genau wie zu Hause!
Wir lernen Jana und Sarah aus Konstanz kennen, die aktuell durch Guatemala, Belize und México reisen und denen erst kürzlich Ausweise, Handy, Ebook-Reader, Geld und Kreditkarte an einem See geklaut wurde – wir verbringen den ein oder anderen Nachmittag und Abend zusammen und Jana sollen wir dann später auch in México wieder treffen.
Zu dem treffen wir auf viele ältere Herrschaften, die teilweise bis zu sechs Jahre schon mit dem Segelboot um die Welt reisen – die meisten, so wie zum Beispiel Marcus und Margie, kommen aus dem Vereinten Königreich, sind in Rente und sind jetzt in Guatemala in Dieter’s Sprachschule zu Gast. Die Geschichten, die uns die älteren Herrschaften erzählen sind unglaublich und machen Lust auf mehr – Lust auf mehr reisen, mehr Abenteuer, mehr Planlosigkeit – ganz nach Margie’s Motto: „Der Plan ist keinen Plan zu haben und selbst das kann sich noch ändern.“
ANTIGUA

Von Flores geht es per Nachtbus in 8 Stunden über Guatemala City nach Antigua, einer wunderbaren kleinen Stadt westlich von Guatemala City. Die Busfahrt überleben wir mal wieder nur knapp – der Busfahrer gibt im guatemaltekischen Fahrstil mal wieder Vollgas, der Bus liegt in den Kurven gefühlt auf der Seite und geht vor jeder Bodenschwelle in eine Vollbremsung. Dank liegender Sitze können wir dennoch einige Stunden Schlaf finden und so finden wir auch bei turbulenter Fahrt und Todesangst ein wenig Ruhe. In Antigua haben wir für fünf Nächte ein kleines Doppelzimmer in Nordamerikas bestem Hostel, dem Maya Papaya, gebucht und wir fühlen uns hier pudelwohl. Wir verleben ein paar entspannte Tage in Antigua, schlendern durch die Gassen, kaufen das ein oder andere kleine Souvenir, füllen uns mit Quesedilla und Margarithas, laufen zum großen Kreuz einen kleinen Berg hinauf und genießen einen wunderbaren Blick über ganz Antigua, gehen im „El Rustico“ mal richtig authentisch guatemaltekisch essen und machen „ganz nebenbei“ eine zweitägige Wanderung auf einen schlafenden Vulkan, auf dem wir am Lagerfeuer sitzen, Marshmellows grillen und mit Blick auf einen Vulkan, der alle 20 Minuten ausbricht und ganz echte Lava spuckt, übernachten!
ACATENANGO UND EL FUEGO - DER LAVASPUCKENDE VULKAN
Tag 1
7:30Uhr: Ein ausgiebigem Frühstück, Equipment ausleihen und die Gruppe kennenlernen. Es folgt eine 1 ½ Stündige Busfahrt, die uns hoch auf 2.400 Höhenmeter bringt.

10:04Uhr: Wir starten unsere Wanderung. Vor allem die ersten 10 Minuten waren die Hölle. Die Lungen brennen – wir haben das Gefühl, dass wir diese Wanderung niemals schaffen werden – etwas später gewöhnen sich unsere Lungen langsam an die Höhe und die Atmung wird besser. Der Weg ist voller Geröll und getrockneter Vulkanasche.
11:10Uhr: Langsamer geht’s nicht. Es ist ganz schön fordernd – nicht für alle acht Teammitglieder und erst recht nicht für unsere zwei Guides. Wir haben ein paar super schnelle Wanderer und ein paar super langsame Wanderer in unserer Gruppe – wir sind irgendwo in der Mitte - „You are only as strong as the weakest member of your team.“
12:30 Uhr: Mittagspause. Langsam fühlen wir uns besser und das Essen und eine Runde sitzen hilft ungemein. Ein paar streunende Hunde umgeben uns, ein Pferd trägt Equipment nach oben. Bei guten Gesprächen in der Gruppe kommen wir langsam wieder zu Kräften. Unterwegs kommen uns andere Wanderer auf ihrem Abstieg mit den Worten „Good Luck – I cried“ entgegen – Danke dafür, was soll das jetzt bedeuten?
14:22 Uhr: Wir erreichen das Basecamp – den Ort, an dem wir heute Nacht schlafen werden. Hier ist es ganz schön kalt. 3.515 Höhenmeter, 6.66km, 1.116km auf eigenen Füßen hochgestiegen, 2 Stunden und 15 Minuten Laufzeit. Es war hart und steil aber die letzte Stunde verging wie im Flug. Der Rucksack wurde gefühlt immer schwerer – mit 5 Litern Wasser, Essen und Wechselkleidung im Gepäck wirklich nicht leicht.
16:00 Uhr: Wir hören den Vulkan explodieren, sehen können wir nichts – vor uns eine weiße Wand – wir sitzen in Mitten einer Wolke.
20:10 Uhr: Nach Nudeln, Rotwein, Marshmellows am Lagerfeuer und vielen tollen Gesprächen (wir haben echt eine mega tolle Gruppe erwischt), ist es Schlafenszeit. In zwei kleinen Hütten liegen Isomatten und -15 Grad Celsius Schlafsäcke für uns bereit – wir teilen uns auf die Hütten auf und versuchen, zum Geräusch von leichtem Regen auf dem Wellblechdach und dem alle 20-Minuten ausbrechenden Vulkan, etwas Schlaf zu finden.

Tag 2.
3:45Uhr: Der Wecker klingelt und passend mit ihm sehen wir, aus dem kleinen Fenster unserer Hütte blickend, den ausbrechenden Vulkan El Fuego direkt vor uns – er spuckt glühend rote Lava in den dunklen Himmel hinein! Jetzt heißt es aufstehen, Zähne putzen, anziehen und den finalen Aufstieg zum Sonnenaufgang bewältigen. Es ist dunkel, es ist kalt, es ist unwahrscheinlich anstrengend. Auf Geröll beziehungsweise Asche bahnen wir uns mit Stirnlampen und Wanderstöcken den Weg nach oben. Einer von unserer Gruppe ist unten geblieben, eine andere muss wegen falschem Schuhwerk den Aufstieg gemeinsam mit einem unserer Guides abbrechen. Wir sind also nur noch zu sechst bis wir auf einmal unseren Guide verlieren. Der Guide und unsere zwei Neuseeländer sind spurlos verschwunden und so sind es nur noch wir zwei und die Schweizerin und die Engländerin. Verwirrt darüber und leicht erbost über diese Leichtsinnigkeit auf einem Vulkan bei absoluter Finsternis, bahnen wir uns unseren Weg – wir sind uns nicht sicher, ob wir hier noch richtig sind und wollen schon unseren Rückweg antreten, als uns eine andere Gruppe entgegen kommt und sich kurz darauf unser Guide auch die Mühe gemacht hat, nach uns zu suchen. Wieder vereint in der Gruppe machen wir uns auf die letzten Meter – hier müssen wir über riesige Felsen klettern und das – man möge es gerne nochmal betonen – in absoluter Dunkelheit. Über die Felsen klettern bedeutet zugleich, dass wir uns dem Kamm des Vulkans nähern und in tosendem Wind stehen – für Sissy geht es an dieser Stelle nicht vor und nicht zurück: Mentaler Zusammenbruch, Krokodils Tränen, Atemnot. Auf einmal macht dieser Satz „Good Luck, I cried“ des jungen Mannes, der uns entgegen kam, total Sinn – es reicht, „Geht ohne mich, ich will da nicht hoch.“ – Der Rest der Gruppe hat sich brav hinter ihr versammelt und wartet in Ruhe und ganz ohne Stress das Ende des mentalen Zusammenbruches ab. „Hier bleiben“ oder gar „umdrehen“ ist an dieser Stelle natürlich nicht mehr möglich – 10 Meter vom Ziel entfernt, 5 Minuten bis zum Sonnenaufgang – Tini schreit und ruft und packt die flehende und weinende Sissy letztendlich am Arm, dann geht es weiter. Durch den Windkanal werden wir alle vom Guide über den Kamm des Vulkans gezogen und finden im Krater etwas Schutz vor dem Wind. 3.987 Höhenmeter – wir haben es geschafft, wir sind oben und erneut fließen die Tränen, diesmal vor Schönheit, vor Freude und vor Glückgefühl. Nach vorne blickend geht die Sonne hinter einem dramatischen Wolkenschleier auf, rechts von uns bricht El Fuego zeitgleich aus – Lava und dunkle Rauchwolken zeichnen den Himmel. Es ist gigantisch, unglaublich windig und zugleich eiskalt.