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Roadtrip Alaska: 3.400km Into the Wild

Am 20.Juli 2019 betreten wir erstmalig kanadischen Boden – eine zwar strenge jedoch unkomplizierte und schnelle Grenzüberquerung erlaubt uns das Aufnähen einer weiteren Landesflagge auf unsere Bagpacks.

HALLO KANADA, HALLO VANCOUVER


In Vancouver angekommen, verbringen wir die Nacht an einem schönen botanischen Garten, vor uns Tennis- und Basketballplätze. Am nächsten Morgen gibt es zunächst ein ausgewogenen Frühstück, einen „Welcome to Canada“ Aperol Spritz in der Innenstadt und dann mieten wir uns jeder ein Fahrrad und fahren vom Aquarium aus einmal um den Stanley Park herum – vorbei am Meer, am Hafen und am Strand; einmal die Küste entlang. Das Wetter ist traumhaft, der Himmel blau und die Sonne strahlt. Die Idee mit den Fahrrädern hatten tatsächlich nicht nur wir, also radeln wir gemeinsam mit einer Vielzahl an Touristen den Klippen entlang. Gut 20 Kilometer der Stadt erkunden wir bei unserer kleinen Tour de Vancouver – unterwegs ein kleiner Boxenstop bei einem Pride Festival – Tini engagiert sich, macht beim Tauziehen mit und gewinnt mit zehn Burpees einen Gratis Keks bei Subway – man haben wir uns einen Keks gefreut (haha).


Am nächsten Morgen gibt es eine Runde Basketballtraining vom Profi Tini für die Anfängerin Sissy – „Regionalliga, ich komme!“ Wir kommen gut ins Schwitzen und machen uns nach dem Frühstück auf zur Dusche – hätte uns vor zwei Jahren jemand gesagt, dass wir mal einen Kilometer bis zur Dusche laufen würden und uns dann freuen, dass sie umsonst war... das hätten wir wohl nie geglaubt!





ROADTRIP 3.400KM: ONE-WAY

Am 22. Juli 2019 beginnen wir den Roadtrip aller Roadtrips. Von Vancouver wollen wir uns auf den Weg in das 3.400km entfernte Alaska machen.



Tag 1 – 411km. British Columbia. Im Wald direkt am See, mit Kuhscheiße vor der Beifahrertür, verbringen wir unsere erste Nacht in der Wildnis Kanadas. Stetiges Umgucken – Kontrollblicke – hoffentlich haben die Bären schon gegessen. Hundertmeter von unserem Schlafplatz entfernt gibt es ein Plumpsklo – sauber, geruchsfrei und mit Klopapier – beim Wasser lassen fliegen zehn Fliegen verängstigt aus dem Loch; hoffentlich hat sich keine in die Unterhose verirrt.


Nach dem Abendessen lernen wir unseren Nachbarn, Garwood aus Portland, kennen – er selber bezeichnet sich als sozial introvertiert und ist deswegen alleine auf Reisen – vor allein reisenden Männern nehmen wir uns, ganz nach Anweisung von Tante Wiesia, im ersten Moment gerne in Acht; Garwood ist allerdings äußerst nett, gibt uns Tipps im Umgang mit Bären, Allergietabletten und am nächsten Morgen einen frischen leckeren Kaffee.



Tag 2 – 535km. Der Abend wird kurz. Wir stehen an einem sehr schönen Gratiscampingplatz mit See und luxuriöser Spühltoilette. Vom Gewitter begleitet und ohne Abendessen geht’s heute mal früh ins Bett.

Tag 3 – 700km. Heute läuft es super und das Fahren macht richtig Spaß. Unterwegs sehen wir sechs Schwarzbären – klein, groß, ein paar Babies und einen Braunbären – besser bekannt als Grizzly! Ein unglaublicher Anblick wie die „lieben Bärchen“ da so am Straßenrand vor sich hin schlendern – wir fahren langsam dran vorbei; im geschützten Auto und auf Distanz wirklich faszinierend.



Am Schlafplatz angekommen, erzählen uns zwei Kanadierinnen mit Standup Paddle in sorgenfreiem Ton, dass hier soeben ein Schwarzbär lang geschlendert ist – wir setzten uns wieder ins Auto und fahren nochmal 130 Kilometer weiter; einen Bären wollten wir dann doch nicht zum Essen einladen.

Und so landen wir am traumhaften Iskut River, wo wir entspannt kochen und unser erstes Lagerfeuer machen – es ist ein traumhafter Ort und wir haben ihn ganz für uns alleine. Die Einsamkeit nutzen wir vorallem am nächsten Morgen in vollen Zügen aus. Von zwei dicken schwarzen Raben beobachtet, machen wir ein kurzes Workout in der Sonne – danach gibt es eine erfrischende Dusche im See. Nur mit Schwimmschuhen bekleidet geht es in den See: „Scheiße scheiße scheiße – scheiße ist das kalt!“. Seen in Kanada – vor Allem hier – sind einfach ganz anderer Natur und vor Allem ganz anderer Temperatur. Und so frieren wir uns im Gletscherwasser ordentlich die... Ohrläppchen...  ab, während wir uns nach drei Tagen unterwegs Haare und Körper Schritt für Schritt in der wohl schönsten Badewanne der Welt waschen. Es ist traumhaft – es ist magisch; so ein Eisbad am Morgen.



Tag 4 – 650km. Wir verlassen British Columbia und kommen im Yukon an. Heute heißt es Reifenluftdruck checken und Öl nachfüllen. Die Menschen hier in Kanada sind unglaublich nett und hilfsbereit und so dauert es nicht lang und uns zwei blonden Mädchen ist in jeglicher Autofrage schnell geholfen.

Tag 5 – 550km. Seit bereits zwei Tagen beziehungsweise 48 Stunden haben wir keinen Empfang mehr – kein Service, kein Internet – na Gott sei Dank ist nichts passiert. Wir kommen in der Hauptstadt Yukons an – in Whitehorse freuen wir uns auf Handyempfang und Kontakt zur Familie. Tja – falsch gedacht. Selbst hier, wo Menschen wohnen, gibt es weit und breit kein Netz – kurzerhand besuchen wir eine Bücherei mit gratis W-Lan, um schnell unseren Familien mitzuteilen wo wir sind, dass wir am Leben sind und noch nicht vom Bären gefressen wurden.

Am Abend regnet es ein wenig und wir bauen uns, wie es sich für professionelle Camper gehört, mit unserer Plane einen kleinen Schutz unter dem wir kochen und den restlichen Abend verbringen können.




Tag 6 – 600km und somit 3.400 von 3.400km! Hallo Alaska! Wir haben es geschafft. Sechs Tage sind wir gefahren, fünf Nächte haben wir in der Wildnis Kanadas verbracht, 3.400km sind wir gefahren – unzählige Stunden haben wir geredet oder Hörbücher und Podcasts gehört, und unterwegs ganz nebenbei acht Bären gesichtet. Alleine die Fart war ein Abenteuer an sich – die Landschaft, die Berge, die unzähligen Seen und Flüsse, in denen sich die umliegende Natur spiegelt. Die Wildnis, fernab von jeglicher Zivilisation. Und so überqueren wir am Nachmittag des 27. Juli 2019 erneut die kanadisch-amerikanische Grenze – betreten erneut die Vereinigten Staaten von Amerika und sind offiziell und erstmalig in ALASKA!




ALASKA – DER 49. BUNDESSTAAT

Wir starteten in Vancouver – nach genau 3.483km, nach traumhaften und gemalten Schlafplätzen mitten in der Wildnis, haben wir unser großes Ziel endlich erreicht: Alaska! Freudenschreie bei der Grenzüberquerung: Wir sind angekommen im 49. Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika. Wir sind angekommen bei Bären, Elchen und Lachsen; angekommen am höchsten Punkt Nordamerikas. Manchmal weiß man gar nicht genau wie Träume entstehen – manchmal weiß man gar nicht genau wieso man unbedingt einmal an einem bestimmten Ort sein möchte. Alaska ist so ein Ort für uns. Alaska ist so ein Traum für uns und jetzt sind wie hier – nur 3.000km entfernt vom Nordpol.


Fairbanks. In Fairbanks finden wir leider nicht das Alaska nach dem wir gesucht haben – wir stecken mitten in einer mittelgroßen und für unseren Geschmack total uninteressanten Stadt. Es regnet zwei Tage durch – wir schlafen aus, gehen zu Starbucks, machen jeden Tag Sport im Fitness Studio, machen einen Ölwechsel und gehen am Abend ins Kino. Irgendwie ein ganz normaler Alltag – irgendwie so gar nicht Alaska bis auf die Tatsache, dass es am Tag mindestens zwanzig Stunden taghell ist – das sorgt für einen etwas verwirrten Schlafrhythmus – gegen 23.30Uhr fängt es leicht an zu dämmern – beim „dämmern“ bleibt es aber auch bis es gegen 4Uhr morgens wieder komplett hell ist. Verrückt – noch verrückter, dass es im Winter hier genau anders herum sein soll und einfach gar nicht und gar nie richtig hell wird – ein Grund für die überdurchschnittlich vielen Alkoholiker und Menschen mit Depression; verständlich.



Denali Nationalpark. Wir machen eine kleine Wanderung im Denali Nationalpark – auf unserem circa 6km langen Rundgang begegnen wir „leider“ und irgendwie aber dann doch „glücklicherweise“ keinen Bären wie ursprünglich auf den diversen Warnschildern prognostiziert – dennoch laufen wir wie zwei Kühe in den Alpen mit Bärenglocke am Rucksack durch den Park, um die Herren Winnie Pooh und Co. rechtzeitig auf uns aufmerksam zu machen.

Dafür entdecken wir auf den Spuren von Alexander Supertramp (Into the Wild) etwas später unser erstes Karibu in der Ferne auf einem Flußbett stehen – selbst aus der Ferne wirkt es riesig und wir sind dankbar über die Distanz. Supertramp‘s Bus, in dem er bis zu letzt lebte und verstarb, haben wir nicht besucht - einen reißenden Fluss zu überqueren, in dem erst vor kurzem eine Frau bei eben diesem Versuch verstarb,  wollten wir nur ungern auf die To-Do-Liste setzen.  




Anchorage. In der kleinen schönen und am Wasser gelegenen Stadt Anchorage gibt es für uns eine ordentliche „Alaska“ Ausstattung – Alaska Regenjacken, Alaska Mütze, Alaska Kofferband und Alaska Kofferschild, Alaska Pullover, ein Alaska Spiel, ein Ulu-Messer, Postkarten für die Liebsten – soll ja später in Deutschland jeder wissen, dass wir – ja genau wir zwei - hier waren – hier im fernen Alaska!

Bei Humpy’s Alehouse essen wir unseren ersten echten Alaska Lachs, der, bis auf die fade und lieblose Gemüsebeilage, echt gut ist, aber auch ein entsprechendes Loch in unser Budget reißt.

Geleitet vom Tony Knowles Coastal Trail erkunden wir auf Fahrrädern über 40km der Stadt – es geht an der Küste direkt am Meer entlang – vorbei am Earthquake Park und hinauf zum Kincaid Park; unterwegs sehen wir unseren ersten Elch (aka Moose) im Gras stehen. Es geht weiter zum Lake Spenard und zum Lake Hood, dem größten Wasserflugzeug-Hafen der Welt. Es ist äußerst faszinierend die ganzen Wasserflugzeugen starten und landen zu sehen – es verschlägt uns fast den Atem. Wir wollen auch – nur mal kurz starten und dann wieder landen. Bei der Recherche nach einem entsprechenden Anbieter, stoßen wir leider auf ein paar erst vor kurzem verunglückter Wasserflugzeuge und belassen es bei dem Bestaunen der kleinen Flugsaurier vom Festland.



Portage Lake. Und auf einmal entdecken wir das Alaska von dem wir in Büchern gelesen, das wir in Filmen bestaunt und nach dem wir auf dieser Reise gesucht haben: Seen, Meer und Berge. Am Portage Lake, nur wenige Stunden südlich von Anchorage, finden wir das wovon wir immer geträumt haben. Eine Schotterstraße im Grünen, umgeben von gigantischen schneebedeckten Gletschern und einem See mit eiskaltem klarem und hellblauem Wasser – in der Mitte schwimmt eine Eisscholle. Am nächsten Morgen putzen wir uns, mit den Füßen im Eiswasser stehend, die Zähne und können unseren Augen kaum trauen!



Kenai Lake. Je südlicher wir kommen, desto schöner und traumhafter wird es. Blicke auf das Meer vom Straßenrand, gigantische Gletscher zeigen sich in der Ferne – leicht verdeckt durch den Nebelschleier. Am Kenai Lake finden wir, nach einem äußerst steilen Waldweg bergab, unseren absoluten Traumschlafplatz. Wir parken mit ein paar anderen Reisenden direkt am See – wiedermal sind wir umgeben von Gletschern – wiedermal ist der See unfassbar schön und erstrahlt je nach Lichteinfall in einem dunklen Blau oder einem leichten Türkis. Nach einem wundervollen Abend und einem traumhaften Morgen bei bestem Wetter, müssen wir leider auch dieses kleine Paradies wieder verlassen. Mit ordentlich Schwung und drei Schweißperlen auf der Stirn, kriegen wir unseren kleinen Van Tony den Schlagloch gefüllten steilen Waldweg wieder hoch – und das ganz ohne Allradantrieb.



Und so verlassen wir, nach einem kurzen Ausflug nach Seward und einem Lauf entlang der Gletscher, nach zehn Tagen nicht nur diesen einzigartigen Ort, sondern auch unser absolutes Traumziel Alaska.

Wir können unser Glück kaum fassen – hier gewesen sein zu dürfen und die Schönheit der Natur mit unseren eigenen Augen erlebt haben zu dürfen. Es ist unglaublich und einfach eine andere Welt.



Kein Strand und keine Palme kann bei dem Anblick dieser Berge, dieser Gletscher und dieser einzigartigen Seen mithalten.

Wenn man Schönheit spüren kann: Alaska, jenseits der Grenze – der 49. Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika, der höchste Punkt Nordamerikas. 3.400km Fahrtstrecke waren nicht umsonst, ganz im Gegenteil – wir würden sie jeder Zeit wieder fahren. Alaska – du hast uns nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil – du hast unsere Herzen gefüllt und uns ein ganz neues Gefühl von Schönheit gegeben.

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